GALAXIENJAGD IM ORION

Wer denkt beim Sternbild Orion nicht zwangsläufig an den Orion-, den Flammen- und den Pferdekopfnebel? Wer etwas mehr aktiv beobachtet wird auch noch weitere berühmte Objekte, wie z.B. Barnards Loop, M 78 und Abell 12 kennen. Doch wer kennt Galaxien im Sternbild Orion?

Das Sternbild Orion

Zunächst einmal ein paar statistische und hoffentlich interessante Fakten zu Sternbild Orion:
Der Orion ist mit einer Größe von 594 Quadratgrad gar nicht mal so groß, wie man eigentlich denken mag. Im Größenvergleich aller Sternbilder steht der Himmelsjäger nur auf Platz 26.
Das größte Sternbild mit ganzen 1303 Quadratgrad ist die Wasserschlange (Hydra), das kleinste das Kreuz des Südens (Crux, 68 Quadratgrad). Damit ist das Kreuz nur 85% so groß, wie das Sternbild Pfeil (Sagitta), welches mit 80 Quadratgrad nach dem Füllen (Equuleus, 72 Quadratgrad) den dritten Platz der kleinsten Sternbilder belegt.
Das zweitgrößte Sternbild ist übrigens die Jungfrau (1294 Quadratgrad) gefolgt vom Großen Bären (eigentlich Große Bärin) mit 1280 Quadratgrad.

Der Orion kann von allen Orten auf der Erde zumindest etwa zur Hälfte gesehen werden, da der Himmelsäquator, welcher knapp nördlich der drei auffälligen Gürtelsterne verläuft, das Sternbild teilt (wovon der nördliche Teil etwa 65% ausmacht).

Galaxien im Orion

Ein Blick in die Uranometria offenbart, dass es innerhalb der Sternbildgrenzen immerhin 22 NGC-Galaxien gibt. Dies ist zunächst verwunderlich, steht der Himmelsjäger doch in der Nähe der Milchstraße.


Bild 1: Auf diesem Bild sieht man die Verteilung der Galaxien (weiße Ringe) im Sternbild des Orion. Wie man erkennt, stehen die meisten Galaxien sehr weit westlich im Orion, nämlich in der Nähe des Schildes, das aus den Sternen π1 bis π6 gebildet wird. Die Milchstraße ist das linierte Gebiet links des Orions. Die Darstellung wurde mit dem Programm Cartes du Ciel erstellt, welches kostenlos auf der Seite ap-i.net heruntergeladen werden kann.

Allerdings schauen wir in der Richtung des Orion schräg aus der Milchstraße heraus und nicht in deren Zentrum herein (wie etwa in den Sternbildern Schütze und Skorpion). Dies ist auch der Grund, warum die Milchstraße im Winter weit weniger prominent ist, als im Sommer. Mit dem Programm Eye und Teleskop kann man mit dem sog. Objektfilter eine bestimmte Auswahl der Objekte vornehmen. Diese beinhaltet z.B. die Auswahl bestimmter Sternbilder und / oder Objektklassen unter Berücksichtigung der Beobachtungskriterien (z.B. Objekte heller als..., sichtbar mit x Öffnung bei einem Himmel mit der Grenzgröße y etc). Auf diese Weise habe ich die Auswahl auf Galaxien im Sternbild Orion begrenzt, die bei einer stellaren Grenzgröße von 6m5 (das ist guter Landhimmel im Vogelsberg) mit 18" Öffnung sichtbar sind.
Diese Auswahl ergab eine Liste von immerhin 204 Galaxien! Nicht schlecht, dachte ich mir und suchte nur die NGC-Galaxien heraus. Hier sind aber auch nur 23 gelistet (im Vergleich zu den 22 in der Uranometria). Die meisten Galaxien sind UGC, MCG und CGCG - Galaxien. Kurzum: Echte Gurken...

Die hellste Galaxie (NGC 1684) ist bei 11m5 bequem mit einem 8"er erreichbar. Die schwächste gelistete Galaxie ist UGC mit 15m8. Die größte ist IC 421, die mit 2'9 x 3'3 etwa halb so groß ist, wie die Hauptgalaxie M51 (Whirlpool-Galaxie). Mit einer Flächenhelligkeit von 18m05 (was gleichzeitig auch hier die schwächste ist) dürfte dieses Sternsystem sicherlich nicht mehr für meinen 18"er erreichbar sein, wie vermutlich auch noch viele weitere der aufgelisteten Galaxien.
Die schwächste NGC-Galaxie ist NGC 1753 mit 14m6, in dunklen Nächten sollte das kein Problem sein.

Beobachtungen

Bisher habe ich erst zwei Galaxien im Orion positiv beobachten können. Die Beobachtungen wurden in Feldkrücken im Vogelsberg angestellt, wo in der Beobachtungsnacht entscheidende 6m4 Grenzgröße waren. Es war hier das erste Mal, dass ich die Wintermilchstraße bis hinunter in den Großen Hund sehen konnte. Leider war das Seeing sehr schlecht und es herrschte starker, teils böiger Wind, der das Beobachten nicht gerade zum Vergnügen ausarten ließ.

Sei's drum.

Die erste Zeichnung (Bild 2) zeigt die Galaxie NGC 1762, die leicht direkt schon bei 90x sichtbar war. Dieses Objekt hat eine scheinbare Helligkeit von 12m6 bei einer Größe von 1'6 x 1'0 und erscheint auch etwas länglich.


Bild 2: Die Galaxie NGC 1762 nach Beobachtung an einem 18"-Dobson. Daten der Beobachtung: 20.2.2004, 21:30 MEZ, Feldkrücken im Vogelsberg, fst 6m4, Norden ist etwa oben, gezeichnet bei Vergrößerungen von 161x und 226x

Bild 3 zeigt die gleiche Galaxie, wie sie im DSS zu finden ist. Sehr schön kann man hier die Zeichnung mit dem Photo vergleichen. Die Strukturen, die auch auf dem Photo kaum herauskommen sind mit einem 18"er natürlich nicht zu erkennen.


Bild 3: Die gleiche Galaxie aus dem Digitized Sky Survey (DSS). Norden ist oben.

Die zweite Zeichnung (Bild 4) zeigt die Galaxie NGC 1690, die 2,3° westlich der ersten Galaxie steht. Die Beobachtung dieser Galaxie gestaltete sich ungleich schwieriger als die der vorangegangenen. Mit 13m9 ist sie eine gute Größenklasse schwächer als NGC 1762. Erst nach einiger Suche und Hilfsmitteln (schwarzes Tuch über dem Kopf, um die störende Umgebungshelligkeit zu minimieren) zeigte sich zunächst nur in Momenten guter Luftruhe, später dauerhaft ein schwaches Glimmen an der in der Uranometria vermerkten Position. Diese Galaxie steht in der Nähe eines hellen Sternes, der zur Beobachtung ausserhalb des Gesichtsfeldes gehalten werden sollte. Die Beschreibung meiner Beobachtung lautet folgendermaßen: "Zwei Vordergrundsterne, der westliche davon etwas heller und nahe am Rand der Galaxie, der andere östlich des Zentrums, die GLX ist deutlich O-W-elongiert (3:1) und mittelhell, hatte anfangs Schwierigkeiten, die GLX zu erkennen."


Bild 4: Die Galaxie NGC 1690 nach Beobachtung an einem 18"-Dobson. Daten der Beobachtung: 20.2.2004, 22:40 MEZ, Feldkrücken im Vogelsberg, fst 6m4, Norden ist etwa oben, gezeichnet bei einer Vergrößerung von 226x

Zuhause angelangt, zeigte sich aber eine Überraschung: Die Galaxie, die ich so deutlich elongiert sah (übrigens auch in Bernds 20"er!), ist gar nicht elongiert, sondern eine perfekte Scheibe mit einer Größe von 1'1 x 1'1. Was ist passiert? Ein Blick auf das DSS-Bild (Bild 5) sollte Aufschluss geben.


Bild 5: Die gleiche Galaxie aus dem Digitized Sky Survey (DSS). Norden ist oben.

Im Vergleich mit meiner Zeichnung stimmt die Position der Galaxie unter der Sternen genau (NGC 1690 ist die elliptische Galaxie in der Bildmitte, nicht etwa die Spirale rechts oberhalb davon). Auch der westliche helle Stern ist vorhanden, allerdings nicht als Vordergrundstern, sondern westlich der Galaxie stehend. Ich habe bei der Beobachtung also die GLX und den Stern fälschlicherweise in Verbindung gebracht, was aber nicht zutrifft. Solche Fehlinterpretationen kommen aber auch in den besten Familien vor, daher bin ich nicht zu enttäuscht. Sicherlich hat das sehr schlechte Seeing an diesem Abend auch eine Rolle gespielt. Bei besseren Bedingungen werde ich dieses Objekt auf jeden Fall noch einmal beobachten, zumal sich in der Nähe noch mehrere helle Galaxien aufhalten. Bei genauem Hinsehen sind auf dem DSS-Bild übrigens einige Dutzend Galaxien zu erkennen, von denen aber höchsten 2 oder 3 Stück real mit 18" beobachtet werden können.

Ausblick

Bei Erscheinen des Himmelsfähnchens ist das Sternbild Orion leider nicht mehr beobachtbar. Erst ab Ende August ergibt sich in den frühen Morgenstunden wieder die Gelegenheit, auf Galaxienjagd zu gehen. Ich bin gespannt, wieviele Galaxien im Laufe der Jahre zusammenkommen werden, bei den mitteleuropäischen Bedingungen bietet der Orion sicherlich für viele Jahre genug Beobachtungsstoff.