In diesem Artikel stelle ich anhand eines bekannten Teleskops eine Art der Deep-Sky-Astrofotografie vor, die besonders für Schüler und Studenten in Frage kommt. Gleichzeitig zeige ich die Möglichkeiten und auch die Grenzen anhand von Beispielen auf.
In jedem Buch, das sich mit Astrofotografie beschäftigt, ist sinngemäß etwa folgendes geschrieben: "Jeder, der den Sternenhimmel mit bloßen Augen oder mit einem Teleskop bewundert, will das Gesehene irgendwann in Bildern festhalten ..." Auch bei mir war das nicht anders. Allerdings möchte ich gleich anmerken, dass ich mich eher der visuellen Beobachtung verschrieben fühle und nur einen kleinen Bruchteil meiner zur Beobachtung verfügbaren Zeit mit der Fotografie verbringe. Die in diesem Artikel vorgestellten Fotografien bezeichne ich daher als Anfängerbilder.
Eingangsüberlegungen
Kleine Brennweiten sind für große Himmelsabschnitte (z.B. für Übersichtsaufnahmen) noch gut geeignet. Die Kompensation der Erddrehung kann oftmals vernachlässigt werden, wenn die Belichtungszeit nicht zu groß gewählt wird [1,2]. Wie aber soll man größere Brennweiten (über 100mm) einsetzen können, wenn kein Geld für eine motorische Nachführung vorhanden ist? Die Lösung war relativ schnell nach dem Motto "Not macht erfinderisch" gefunden: Piggyback mit Handnachführung - was auch sonst?
Bei der Piggyback-Fotografie [3,4] wird die Kamera mitsamt dem Objektiv einfach Huckepack auf den Tubus oder die Gegengewichtsstange geschnallt und mit dem Teleskop nachgeführt. Meine Eingangskriterien waren folgende: Das vorhandene Teleskop mit Montierung (Siberia 110 M) sollte verwendet werden, eine netz- bzw. batteriegebundene Nachführung mit einer Selbstbau-Nachführung schied für mich aufgrund der Transportabilität und mangels Erfahrung im Elektronikbau aus. Der finanzielle Aspekt war für mich der entscheidende. Die Kosten sollten natürlich möglichst gering sein, da ich zu diesem Zeitpunkt noch Lehrling war und mir infolge dessen keine großen Luftsprünge erlauben konnte. Meine Kosten beliefen sich insgesamt gesehen lediglich auf die Kosten der Kamera, der Objektive und der Filme. Nach reichlicher Überlegung entschied ich mich, eine Kamerahalterung auf den Rohrschellen anzubringen. Dafür drehte ich noch ein zusätzliches Gegengewicht, da die Tubusseite nun um das Gewicht der Kamerahalterung und natürlich der Kamera vergrößert wurde.
Die Besitzer dieses Teleskopes werden sich vielleicht fragen, warum ich nicht die mitgelieferte Kamerahalterung für die Gegengewichtsstange verwende. Dies hat folgenden Grund: Die Siberia 110 M (M wie manuell) ist mit jeweils einem Handrad für Rektaszension und Deklination ausgerüstet. Leider funktioniert die Verstellung in Deklination nur auf der Tubusseite, d.h. eine möglicherweise notwendige Nachführkorrektur in Dec infolge ungenauer Polaufstellung (die bei mir immer auftritt, weil ich zu faul bin, sehr genau nach Norden auszurichten) ist auf der Gegengewichtsstange nicht möglich. Des weiteren baute ich noch eine einfache Höhenverstellung, da ich oft auf unebenem Gelände fotografiere.
Vor- und Nachteile
Neben den schon beschriebenen Eingangskriterien gibt es eine Reihe von Vorteilen der Piggyback-Fotografie:
Die Fotografie
Die Fotografie selbst ist denkbar einfach: Man richtet das Teleskop nach Norden aus (diese Ausrichtung muss nicht hundertprozentig genau sein, da die Deklination leicht durch das Handrad korrigiert werden kann), befestigt die Kamera auf dem Teleskop und schon kann der "Spaß" beginnen. Dies sieht in der Regel so aus, dass ich einen möglichst hellen Stern, den Leitstern, in der Nähe des jeweiligen Objektes aufsuche und Teleskop und Kamera auf diesen Stern einstelle. Der Leitstern kann auch eine vom Fotomotiv unterschiedliche Himmelsposition haben. Eine zu große Distanz ist aber nicht zu empfehlen, weil sonst mögliche Aufstellungsfehler deutlicher zu erkennen sind. Ist diese Sache erledigt, stelle ich den Leitstern bei höchstmöglicher Vergrößerung (162x) unscharf, so dass sich das verwendete Fadenkreuz deutlich vor dem Stern abhebt.
Die Belichtung kann nun gestartet werden, wobei jedoch beachtet werden muss, dass die Nachführung schon laufen muss und keine großen Erschütterungen die Kamera erfassen. Dies kann man sehr gut mit der Hutmethode einhalten. Ebenso sollte man beachten, dass die Kamera in Stellung "B" steht (der Autor hat schlechte Erfahrungen mit h/chi Persei bei 1/60 s Belichtungszeit gemacht ...).
Die nachfolgenden Minuten sind die langweiligsten, die man sich in der Hobbyastronomie vorstellen kann. Man klebt förmlich mit dem Auge am Okular und führt einen defokussierten Sternenklecks nach. Dabei umgreift die rechte Hand auf der rechten Seite das Rektaszensions-Handrad und mit der linken wird ausgelöst bzw. das Dec-Handrad bedient. Aber ansonsten heißt es warten, warten und nochmals warten; solange, bis der Zeitpunkt zum Beenden der Belichtung gekommen ist; oder man selbst eingeschlafen ist (Tee und Radio halten mich wach). Typischerweise belichte ich zwischen fünf und zehn Minuten. An eine Ausbelichtung ist bei diesen relativ kurzen Zeiten natürlich nicht zu denken, aber die hier gezeigten Ergebnisse zeigen doch schon eine erstaunliche Detailfülle.
Eingesetzte Filme
Eigentlich habe ich nur anlässlich der Sonnenfinsternis von 1999 (die bei mir sprichwörtlich ins Wasser fiel) angefangen zu fotografieren. Aus diesem Grunde habe ich zunächst mit weniger empfindlichen 100 ASA-Farbdiafilmen fotografiert. Erst später begann ich, 400 ASA-Negativfilme (Kodak Royal Gold 400) zu verwenden. Ein 800 ASA-Film (Fuji Superia 800) ist in der Erprobung, erste Ergebnisse von diesem Film liegen noch nicht vor. Bisher habe ich die (subjektive?) Erfahrung gemacht, dass Diafilme einen absolut dunklen Hintergrund zeigen, allerdings schwache Details nicht so gut herauskommen wie bei einem Negativfilm.
Fazit
Ich habe mit diesem Artikel versucht zu zeigen, dass Astrofotografie nicht unbedingt teures Equipment voraussetzt. Mit ein wenig Fleiß, Geschick und Eigeninitiative sind auch für bescheiden ausgerüstete Hobbyastronomen gute Ergebnisse erzielbar.
Nachtrag
Mittlerweile habe ich erste Ergebnisse vom Fuji Superia erhalten. Bei sehr guten Bedingungen fotografiert (fst ca. 6m5), kommen sehr schwache Nebelfilamente zum Vorschein. Insbesondere im Roten scheint er besonders empfindlich zu sein. Einen starken Farbstich konnte ich, obwohl zuerst vermutet, nicht feststellen. Allenfalls ein kleiner "Hang" zum Grünen konnte bemerkt werden. Dieser macht sich aber nicht störend bemerkbar.
Des weiteren habe ich mich jetzt an die Fotografie mit 1000mm Brennweite herangewagt. Leider muss ich feststellen, dass diese Brennweite für Handnachführung nicht mehr geeignet ist, da selbst kleinste Abweichungen schon übelste Bildfehler verursachen.
Literatur:
[1] Andreas Bender: Astrofotografie mit nicht nachgeführter Kamera; Magellan 1/2001, S. 51
[2] Knapp/Hahn: Astrofotografie als Hobby; vwi Verlag, 1980
[3] B. Bleiziffer: Piggyback-Astrofotografie; is Nr. 12, 12 (Oktober-Dezember 1997)
[4] K.-P. Schröder: Astrofotografie für Einsteiger
Bilder
Der Orionnebel M 42 am 25.2.2000 mit 500mm f/8, ca. 500 s ab 20:20 MEZ auf Kodak Royal Gold 400 Auf dem Original sieht man auch noch den Reflexionsnebel NGC 1973 | |
h und chi Per (NGC 869 / NGC 884> am 20.11.2000 mit 300mm f/5.6, 6 min ab 23:14 auf Kodak Royal Gold 400 | |
Die Plejaden M 45 am 20.11.2000 mit 300mm f/5.6, 6 min ab 23:25 MEZ auf Kodak Royal Gold 400 | |
Die Region um alpha Per (Melotte 20) am 20.12.2000 mit 135mm f/2.8, 7 min ab 21:28 MEZ auf Kodak Royal Gold 400 Auf dem Bild sind neben dem Sternhaufen noch der Offene Sternhaufen NGC 1528 (oben links), der Nebel NGC 1491 (der rote Fleck rechts unterhalb von NGC 1528) und der Offene Sternhaufen NGC 1245 (rechts unterhalb von Melotte 20) zu erkennen | |
Die Ausrüstung: Siberia 110 mitsamt piggyback montierter Kamera und Teleobjektiv 1:8/500 mm |