EINE GLOBALE SONNENUHR

Herstellung der Sonnenuhr in der Werkstatt
Funktionsprinzip Sonnenuhr allgemein
Funktionsprinzip Globale Sonnenuhr
Messungen
Danksagung
Literatur

Sonnenuhren sind aus unserem Alltagsleben weitgehend verschwunden; nur vereinzelt findet man noch stationäre Sonnenuhren an Hauswänden. In diesem Artikel möchte ich eine Sonnenuhr vorstellen, die aufgrund ihrer vielseitigen Verstellmöglichkeiten auf der gesamten Erde genutzt werden kann und zudem noch eine halbwegs handliche Größe aufweist.

Anfang der neunziger Jahre brachte ein Hamburger Verlag ein Sammelwerk mit dem Namen „Projekt X“ heraus [1]. In jeder Ausgabe dieses Werks lag ein Bastelbogen, passend zum jeweiligen Thema, bei. So auch eine sehr dekorative Globale Sonnenuhr, die mir von Anfang an ausgesprochen gut gefiel. Beim Betrachten dieser Papp-Sonnenuhr kam ich auf die Idee, diese aus metallischen Werkstoffen nachzubauen. So hätte ich endlich einmal die Chance, Hobby und Beruf zu vereinen.

Herstellung der Sonnenuhr in der Werkstatt

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Nachdem mir mein Ausbilder das OK für den Bau der Sonnenuhr während der Ausbildungszeit gegeben hatte, begann ich, mir zuhause einige Gedanken hinsichtlich der Konstruktion zu machen. Meine Sonnenuhr sollte im Maßstab 1 : 1 zur Pappmodell-Sonnenuhr stehen und ebenso universell einsetzbar sein. Es entstanden die ersten Skizzen. Als diese fertig waren, musste überprüft werden, ob die einzelnen Bauteile zusammenpassen und die zusammengebaute Sonnenuhr ausreichend stabil sein würde.
Bald entstanden die ersten technischen Zeichnungen, die schon einige Änderungen gegenüber den anfänglichen Skizzen aufwiesen.
Die Arbeit in der Werkstatt konnte also beginnen.
Die einzelnen Bauteile, insgesamt 19 Stück, wurden bis auf einige Gravuren auf konventionellen Dreh- und Fräsmaschinen hergestellt, was sehr viel Zeit in Anspruch nahm und auch einige Übung an den genannten Maschinen voraussetzt. Gelegentlich traten beim Zusammenbau der jeweiligen Teile noch Konstruktionsfehler aus den technischen Zeichnungen zu Tage, sodaß die Werkstücke manchmal neu gefertigt und die Zeichnungen entsprechend abgeändert werden mussten.
Als besonder schwierig entpuppte sich zum Beispiel das Verbinden der Breitengradskala mit der Halterung und der Einstellskala durch Zylinderstifte. Diese Werkstücke mussten zueinander präzise ausgerichtet und fixiert werden und ließen sich zudem nur über wenige Millimeter im Schraubstock einspannen, da die Form doch recht ungewöhnlich ist.
Ein weiteres „Highlight“ bei der Fertigung war die Gravur des Stundenringes, die über 210 Grad verläuft. Mit einer Gravurmaschine war dies nicht zu bewerkstelligen, da die Schenkel bei Gravuren über etwa 150 Grad die Gravurfläche überdecken. Der Stundenring wurde schließlich auf einen Rundtisch aufgespannt und die Markierungen mit Hilfe eines Stichels senkrecht eingraviert.
Die funktionierte ausgezeichnet, nahm allerdings viel Zeit in Anspruch, da der Rundtisch für jeden einzelnen der insgesamt 56 Striche von Hand um 3,75 Grad weitergedreht werden musste. Zur optischen Verbesserung und zum Erleichtern des Ablesens wurden die Striche für die vollen Stunden ganz, diejenigen für die halben Stunden nur halb und diejenigen für die Viertelstunden nur zu einem Viertel durchgezogen.
Insgesamt benötigte ich 19 Werktage für die Sonnenuhr. Nach vier Monaten konnte sie endlich zusammenmontiert werden. Die Fertigungszeit ind der Werkstatt betrug ungefähr 35 Stunden.
Nach der Fertigstellung nahm ich die Sonnenuhr mit in die Berufsschule. Dort wurde ich gebeten, die anlässlich eines Tages der Offenen Tür auszustellen. Mit Hilfe eines Computer-Programmes konnte ich für diesen Tag CAD-Zeichnungen der einzelnen Bauteile sowie eine Zusammenbauzeichnung der fertigmontierten Sonnenuhr anfertigen.

Das Funktionsprinzip einer Sonnenuhr

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Allgemein besteht eine Sonnenuhr aus einem Zifferblatt und einem Schattenstab, auch Gnomon genannt. Bei Sonnenschein wird ein Schatten vom Gnomon auf das Zifferblatt geworfen, der dann die „Uhrzeit“ anzeigt. Dafür ist allerdings eine genaue Ausrichtung des Schattenstabes beziehungsweise des Zifferblattes nach Süden unerlässlich. Bei der Ausrichtung der Sonnenuhr ist ein Kompass sehr hilfreich, auch wenn der geographische Nordpol nicht mit dem magnetischen Nordpol zusammenfällt. (siehe z.B. [2])
Hat man nun die Sonnenuhr genau ausgerichtet, so stellt man fest, daß sie nicht die „richtige“ Uhrzeit anzeigt, wie man sie etwa auf einer Funkuhr ablesen kann, sondern teilweise einen beträchtlichen Unterschied aufweist. Dafür sind zwei Ursachen zu nennen:
Das Funktionsprinzip der Globalen Sonnenuhr

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Durch Lösen zweier Kontermuttern lässt sich der gesamte Meßkörper auf den gewünschten Breitengrad einstellen.

Die wesentlichen Vorzüge der hier vorgestellten Globalen Sonnenuhr gegenüber „herkömmlichen“ Modellen sind: Eine weitere Besonderheit der Globalen Sonnenuhr stellt die geschwungene Kurve ihres Schattenstabes dar, die nicht nur dekorativ wirkt, sondern auch den perspektivischen Höhenfehler der Sonne (sie steht im Sommer nördlich und im Winter südlich des Himmelsäquators) ausgleicht. Aus diesem Grunde muss bei einem Standortwechsel auch der Breitengrad verstellbar sein, da die Sonne auf anderen Breitengraden natürlich andere Höhen am Himmel erreicht.
Wie alle anderen Sonnenuhren, so muß auch der Schattenstab dieser Sonnenuhr möglichst genau nach Süden (auf der Südhalbkugel nach Norden) ausgerichtet werden, was sich mit einem guten Kompaß leicht bewerkstelligen lässt, indem man den Fuß nach Norden ausrichtet. Sind die errechneten Zeitkorrekturen mit Hilfe des verstellbaren Stundenrings eingestellt, so kann man am Schatten auch direkt die Mitteleuropäische Zeit ablesen. Die Sommerzeit kann ebenfalls mit berücksichtigt werden.
Die Gravur auf dem Stundenring umspannt, wie schon gesagt, 210 Grad. Dadurch lässt sich die Zeit von 5 bis 19 Uhr Ortszeit ablesen (immer vorausgesetzt, daß die Sonna auch über dem Horizont steht und keine Zeitkorrektur mit dem Stundenring ausgeführt wurde).
Allerdings sind auf dem Stundenring keine Zahlen eingraviert, da erstens Zeitkorrekturen nicht mehr möglich wären und diese zweitens nur für eine Erdhalbkugel gelten würden, da sich der Schatten auf der Südhalbkugel ja bekanntlich in die entgegengesetzt Richtung auf dem Stundenring bewegt. Dies erfordert bei der Zeitablesung eine erhöhte Aufmerksamkeit. Der Skalenteilungswert (Abstand von Teilstrich zu Teilstrich) beträgt 3,75 Grad, was einer Ablesegenauigkeit von 15 Minuten entspricht. Mit guten Augen lassen sich noch Unterschiede von etwa drei Minuten schätzen. Die verwendeten Materialien sind Stahl für den Fuß sowie Messing für den Meßkörper. Das Gesamtgewicht beträgt 1575 Gramm. Die Abmessungen betragen bei einer Einstellung auf 50 Grad nördlicher Breite: L = 155mm, B = 111mm, H = 192mm.

Erste Messungen

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Bis heute konnte ich etwa 30 Messungen, die über einen Zeitraum von einem halben Jahr verteilt liegen, vornehmen. Im Durchschnitt stimmt die korrigierte Sonnenuhrzeit mit der MEZ (Videotext) auf etwa 5 Minuten genau. Natürlich sind alle Messungen auch fehlerbehaftet. So gibt es zum Beispiel Fehler bei der Einstellung des richtigen Breitengrades, der Ausrichtung nach Süden und bei der Einstellung des Stundenringes (Zeitkorrektur) sowie fertigungsbedingte Ungenauigkeiten. Bis auf den letztgenannten Fehler lassen sich alle Ungenauigkeiten bei gewissenhafter Auf- und Einstellung auf ein Minimum reduzieren. Eine Meßgenauigkeit von fünf Minuten stellt meines Erachtens einen realistischen Wert dar.
Die Zusammenlegung von Hobby und Beruf hat mir großen Spaß gemacht und ich habe viel über Sonnenuhren gelernt. Mit diesem Artikel hoffe ich, einige Leser dazu anspornen zu können, eigene Projekte zu verwirklichen. Die Mühe ist es sicher wert!

Danksagung

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Ich danke meinem Ausbildungsbetrieb, der Firma Deismann, die es mir ermöglichhte, dieses sehr zeitaufwendige Projekt während meiner Ausbildungszeit zu realisieren. Mein Dank gilt besonders auch meinem Ausbilder Herrn Heinz Lang aus Katzenfurt für seine sehr kompetenten Hilfestellungen bei der Fertigung, sowie Herrn Ralf Blasek aus Bischoffen, der die Gravuren an der Breitengradskala, dem Gnomon und dem Fuß mit Hilfe einer Lasergravurmaschine sehr fachkumdig ausführte. Des weiteren gilt mein Dank Herrn Reinhard Winter von der Werner-von-Siemens-Schule aus Wetzlar, der mir beim Ausdrucken der CAD-Zeichnungen zur Seite stand.

Literatur

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  1. Marshall Cavendish (Hrsg.): Projekt X, Sammelwerk, Ausgabe 17: “Zeit”, AFR-Verlag 1992
  2. Bernd Loibl: Der Sternenkompass der Zugvögel, SuW 3/2001, S. 236
  3. Günther D. Roth (Hrsg.): Handbuch für Sternfreunde, Springer-Verlag
  4. Webseite mittlerweile leider offline
  5. Webseite mittlerweile leider offline
  6. Umfangreiche Linksammlung zum Thema Sonnenuhren (hauptsächlich englischsprachig)